Friedensabkommen DR Kongo–Ruanda: Was sind die nächsten Schritte nach der Unterzeichnung?
Die Demokratische Republik Kongo und Ruanda unterzeichneten am 27. Juni 2025 in Washington ein Friedensabkommen unter der Schirmherrschaft der Vereinigten Staaten. Wie geht es nun weiter – insbesondere mit Blick auf ein separates Abkommen mit der Rebellengruppe AFC-M23, das in Doha vorbereitet wird?
Der nächste Zeitplan und erste Schritte
Bis spätestens 27. Juli 2025 müssen DR Kongo und Ruanda einen gemeinsamen Koordinierungsmechanismus schaffen. Dieser soll zusammen mit einem Überwachungsausschuss arbeiten, dem auch die Afrikanische Union, die USA und Katar angehören. Die erste Sitzung dieses Ausschusses ist spätestens für den 11. August geplant.
Prioritäten vor Ort: FDLR und Ruandas Verteidigungsmaßnahmen
Im Fokus stehen die Neutralisierung der Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR) sowie der Rückzug der ruandischen Verteidigungsmaßnahmen. Diese Schritte müssen in einem Zeitrahmen von vier Monaten erfolgen. Zunächst gibt es eine zweiwöchige Vorbereitungsphase zur Bedrohungsanalyse und Lagebestimmung der FDLR. Darauf folgen drei Monate operative Maßnahmen zur Neutralisierung der FDLR und zur Auflösung der ruandischen Militärpräsenz. Eine gemeinsame Operation von FARDC (Kongo) und RDF (Ruanda) ist nicht ausgeschlossen, müsste jedoch beidseitig beschlossen werden.
Regionale Wirtschaftsintegration
Bis zum 27. September 2025 soll außerdem ein Rahmen für die regionale Wirtschaftsintegration geschaffen werden – mit Fokus auf Zusammenarbeit bei natürlichen Ressourcen, Handel und grenzüberschreitenden Investitionen.
Die Rolle der AFC/M23 und Risiken
Die Rebellengruppe M23 war an den Verhandlungen nicht direkt beteiligt. Die Frage ihrer Rolle wird an die Doha-Gespräche verwiesen, in denen eine ergänzende Vereinbarung angestrebt wird. Experten wie Pierre Boisselet vom Institut Ebuteli warnen: Auch wenn zuletzt eine relative Ruhe herrschte, bedeute das Abkommen nicht automatisch Frieden – die M23 sei heute besser organisiert und kontrolliere größere Gebiete als 2013. Allerdings sei bei allen Erfolgen der M23 stets die ruandische Armee entscheidend beteiligt gewesen.
(www.rfi.fr)
Friedensabkommen DR Kongo–Ruanda: Gespaltene politische Reaktionen im Kongo
Das Friedensabkommen zwischen der DR Kongo und Ruanda sorgt in der kongolesischen Politik für sehr unterschiedliche Reaktionen. Die regierende „Union Sacrée“ um Präsident Tshisekedi begrüßte das Abkommen, betonte aber, die Umsetzung müsse streng nach UN-Resolution 2773 erfolgen – sie verurteilt Ruandas Unterstützung der M23 und fordert deren sofortigen Abzug.
Die Opposition hingegen äußert Skepsis: Olivier Kamitatu von der Partei „Ensemble pour la République“ kritisiert, dass das Abkommen außer wirtschaftlichen Zugeständnissen für Ruanda keine wirklichen Neuerungenbringt. Die Partei des Ex-Präsidenten Kabila sieht sogar einen Verfassungsbruch, da nationale Ressourcen ohne Konsultation vergeben würden. Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege spricht von einer „Legitimation der Besatzung“ und Abtretung von Souveränität.
Donatien N’shole, Generalsekretär der Bischofskonferenz (CENCO), sieht dagegen einen Fortschritt für den nationalen Dialog. Die UN-Mission MONUSCO würdigte das Abkommen als wichtigen Schritt in Richtung Frieden. Oppositionsführer Martin Fayulu kündigte eine eigene Reaktion für den Unabhängigkeitstag an.
(www.rfi.fr)
DR Kongo – Große Seen: Kirchen fordern inklusiven nationalen Dialog
Nach ihren Konsultationsmissionen zogen die Bischofskonferenz (CENCO) und die Kirche Christi im Kongo (ECC) am 28. Juni in Kinshasa Bilanz. Sie sehen ihre Initiative als Ergänzung zu den regionalen Prozessen in Nairobi oder Luanda: Ziel ist ein inklusiver nationaler Dialog, um die vielfältigen Ursachen des Konflikts – nicht nur externe, sondern auch interne – zu adressieren.
Die Kirchen wollen keine Konkurrenz zu bestehenden Prozessen, sondern setzen auf Zusammenarbeit und Komplementarität. Ihr Ansatz ist umfassend und integrativ: Lösungen sollen gemeinsam mit allen Akteuren (politisch, sozial, religiös) gefunden werden, um sowohl die nationalen als auch die regionalen Dimensionen der Krise zu berücksichtigen.
Konkret schlagen die Kirchen die Einrichtung wissenschaftlicher, technischer, praktischer und strategischer Arbeitsgruppen vor. Diese sollen Roadmaps für vorrangige Wiederaufbaumaßnahmen erstellen, sie lokal priorisieren und mit Behörden, Zivilgesellschaft und Partnern umsetzen. Ziel ist es, die Vision des Sozialpakts für eine stabile, gerechte und versöhnte DR Kongo in konkrete, überprüfbare Schritte zu übersetzen.
(actualite.cd)
Juni 2025: Die DR Kongo feiert 65 Jahre Unabhängigkeit – im Schatten des Krieges
Am 30. Juni 2025 feiert die DR Kongo den 65. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit. Die Feierlichkeiten finden in einer schwierigen Zeit statt: Teile des Landes sind weiterhin von der AFC-M23-Rebellion mit Unterstützung Ruandas besetzt. In Nord- und Süd-Kivu sowie in Ituri dauern Kämpfe, Massenvertreibungen und Übergriffe an.
Trotz der angespannten Lage gibt es diplomatische Hoffnung: Die DR Kongo unterzeichnete kurz vor dem Jahrestag in Washington das historische Friedensabkommen mit Ruanda.
Ein Blick zurück: Der Weg zur Unabhängigkeit
Die Unabhängigkeitsbewegung im Kongo setzte nach dem Zweiten Weltkrieg ein. Bereits 1955 schlug Joseph van Bilsen einen „30-Jahres-Plan“ für die Emanzipation der belgischen Kolonien vor, der zunächst kontrovers diskutiert wurde. Die ABAKO-Bewegung unter Kasa-Vubu forderte bald schon die sofortige Unabhängigkeit.
Der Auslöser für die Massenproteste war der Volksaufstand vom 4. Januar 1959, als die Kolonialbehörden der Partei ABAKO eine Demonstration untersagten. Die darauffolgende brutale Repression kostete Dutzende – manche sprechen von Hunderten – das Leben.
Schließlich wurde auf dem Brüsseler Runden Tisch im Februar 1960 der 30. Juni als Unabhängigkeitstag festgelegt. In den ersten freien Wahlen wurden Patrice Lumumba zum Premierminister und Joseph Kasa-Vubu zum Präsidenten gewählt.
Die Proklamation am 30. Juni 1960
Am Tag der Unabhängigkeit würdigte der belgische König das koloniale „Werk“, während Präsident Kasa-Vubu Belgien die „Herzlichkeit“ erwies. Premierminister Lumumba jedoch hielt eine berühmt gewordene Rede, in der er die Leiden und den Kampf des kongolesischen Volkes betonte: „Wir erlebten den Spott, die Beleidigungen und die Schläge, die wir morgens, mittags und abends ertragen mussten, weil wir schwarz waren.“
(www.radiookapi.net)