Die Demokratische Republik Kongo

Kabila I

Nach seinem Sieg ignorierte Kabila die politischen Parteien, die zur Zeit Mobutus existierten und denen er auch alle politischen Aktivitäten verbat. Er übte gleichzeitig die Legislativ- und Exekutivgewalt aus und regierte per Dekret, wobei hinzuzufügen ist, dass die Judikative häufig durch politische Entscheidungen beeinflusst wurde. Unfähigkeit des Regimes in Kinshasa, Menschenrechtsverletzungen und Rebellenfraktionen mit un­ter­schiedlichen Interessen provozierten, wie C. Braeckman (1999:20) meint, eine chaotische Situation, von der sechs Staaten der Region auf die eine oder andere Weise tangiert wurden.

Laurent-Désiré Kabila
Laurent-Désiré Kabila
Mit Mobutus Abtreten war die Hoffnung auf einen Neuanfang für Afrika und auf die Herstellung einer dauerhaften Friedensordnung in der Region der Großen Seen Afrikas verbunden. Aber diese Hoffnung war nur von kurzer Dauer. 15 Monate nach der Absetzung Mobutus sprachen die Waffen in der Region der Großen Seen erneut. Auslöser war ein potenzieller Konflikt zwischen den Interessen des kongolesischen Volkes, Interessen, die Präs. L.-D. Kabila berücksichtigen musste, und den politischen und wirtschaftlichen Ambitionen Ruandas und Ugandas. Die beiden Länder hatten bekanntlich L.-D. Kabila 1997 gegen Mobutu militärisch zur Macht verholfen.

Präs. L.-D. Kabila stellte die Schürfverträge (Diamanten, Gold, Kupfer …) infrage, entließ seine ruandischen Berater und nullifizierte die Forst-Konzessionen, von denen die Ugander im Norden des Landes profitierten.

Vor dem Hintergrund von Gerüchten über einen von Ruanda und Uganda geplanten Staatsstreich beschloss Kabila im Juli 1998 die Rückführung aller in der DRKongo stationierten fremden Truppen. Daraufhin wurden am 2. August 1998 die Städte Goma und Bukavu, im Osten des Landes, und Kitona, Banana und Matadi, im Westen, durch ruandische und ugandische Truppen besetzt. Zu den Truppen Ruandas und Ugandas gesellten sich auch Kongolesen ruandischer Abstammung (Banyamulenge), ehemalige Mobutisten und von L.-D. Kabila enttäuschte Mitglieder der AFDL. Sie gründeten mit Unterstützung von Kigali und Kampala die „Kongolesische Sammlung für die Demokratie“ (RCD), die zurzeit in mehrere Flügel gespalten ist. Einige Zeit später wurde unter der Schirmherrschaft von Uganda die „Bewegung für die Befreiung von Kongo“ (MLC) ins Leben gerufen.

Einflu�gebiete
 
Einflussgebiete der verschiedenen Rebellenorganisationen
gelb: von der Regierung in Kinshasa kontrolliert
grün:  RCD: Kongolesische Sammlung für die Demokratie/Goma
(Azarias Ruberwa, Ruanda)
rosa:  MLC: Front für die Befreiung des Kongo (Jean-Pierre Bemba, Uganda)
blau: Gebiet umkämpft zwischen MLC, RCD-N, RCD-K-ML,
UPC und RCD-ML u. a.

Da die Hauptfront des Krieges entlang der großen Minen verläuft, kann man sagen, dass es bei dem 2. Kongo-Krieg, auch „Erster Weltkrieg Afrikas“ genannt, um Bodenschätze geht. Und dies ist die „Kernaussage“ des am 16.4.2001 publizierten Berichts der UNO-Kommission zur illegalen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen der DRKongo und dessen Addendums (15.11.2001). In dem Bericht heißt es: „Der Konflikt im Kongo dreht sich hauptsächlich um den Zugang, die Kontrolle und den Handel mit fünf wichtigen Rohstoffen: Coltan, Diamanten, Kupfer, Kobalt und Gold“. Die Bedeutung des ökonomischen Aspekts des Krieges wird durch die drei Kriege beleuchtet, die sich die ruandisch-patriotische Armee auf dem Territorium der DRKongo (Kisangani, Hauptstadt der Provinz Oriental) gegen Uganda geliefert hatte, weil Uganda versucht hatte, Coltan-Handel mit den Mai-Mai-Milizen, die sowohl mit Ruanda als auch mit Uganda verfeindet sind, zu betreiben. In der Tat ging es nur um die Kontrolle der Minengebiete oder Mineralienhandelszentren.

Für die Menschen im Kongo stellt der 2. Kongo-Krieg, eine echte Tragödie dar. Die amerikanische NGO „International Rescue Committee“ (30.4.2001) sprach von 2,5 – andere Quellen von 3 Millionen – Toten. Ein geschätztes Drittel davon waren Kinder. 200.000 Tote sind nachweislich Opfer unmittelbarer Gewalttätigkeiten geworden. Die Koordinatorin der UNO-Notprogramme, Caroline McAskie (26.11.2000), sprach vor dem Sicherheitsrat der Weltorganisation von 16 Millionen Kongolesen, ein Drittel der Gesamtbevölkerung, die unter Nahrungsdefiziten leiden, von 2 Millionen Binnenflüchtlingen und von 300.000 Kongolesen, die in Nachbarländern Zuflucht gefunden haben. Diese Zahlen sind inzwischen sicher weiter gestiegen. Die Kongolesen betrachten sich dennoch offenbar mehr denn je als Bürger eines ungeteilten Landes.

Nach mehreren erfolglosen Versuchen zur Beendigung der kriegerischen Auseinandersetzungen im Kongo wurde am 7.7.1999 in Lusaka (Sambia) das Friedensabkommen von Lusaka abgeschlossen, das im Juli und August 1999 unterzeichnet wurde.

Das Abkommen von Lusaka sieht im Allgemeinen vor:

  1. die Wiederherstellung des Friedens und der Sicherheit im Kongo;
  2. die Bekräftigung der Unverletzlichkeit der nationalen Grenzen der Demokratischen Republik Kongo.

Spezifisch hat das Abkommen von Lusaka zum Inhalt, die praktische Agenda bezüglich

  • des Inkrafttretens des Waffenstillstands,
  • der sofortigen und effektiven Beendigung der Kampfhandlungen innerhalb des Territoriums des Kongo,
  • des Abzugs aller in der Demokratischen Republik Kongo operierenden fremden Truppen,
  • der Bestätigung des Rechtsgleichheitsprinzips zwischen den kongolesischen Bürgern,
  • der Organisierung eines nationalen Dialogs mit dem Ziel u. a. der Einführung einer neuen politischen Ordnung im Kongo.

Bis zur Ermordung Präs. L.-D. Kabilas am 16.01.01 wurde das fragile Friedensabkommen im repetierten Rhythmus von einer der Konfliktparteien gebrochen. So lehnte Präs. L.-D. Kabila den „Facilitateur“ des interkongolesischen Dialogs, Ket Masire, mit der Begründung ab, dass er voreingenommen sei, und forderte im gleichen Atemzug die Revision des Friedensabkommens von Lusaka. Er stellte sich auch gegen die Stationierung der UNO-Mission in der DRKongo (MONUC). Seitens der bewaffneten Opposition wurde das Abkommen von Lusaka mehrmals gebrochen, indem sie u. a. die Kampfhandlungen fortsetzte, die zur Eroberung bzw. Besetzung einiger durch die Regierung in Kinshasa kontrollierter Gebiete führten.

Es stellt sich an dieser Stelle die Frage nach den Gegnern der Wiederherstellung des Friedens in der DRKongo. Es sind das Regime Kabilas, die bewaffnete Opposition und sowohl die „geladenen“ als auch die „nicht geladenen“ Alliierten der kongolesischen Kriegsparteien. Für das Regime in Kinshasa und die bewaffnete Opposition bedeutete der Frieden, der in eine neue politische Ordnung münden soll, den Verlust der Macht. Für die „Alliierten“ war der Frieden sinnverwandt mit dem Ende der illegalen Ausbeutung diverser Ressourcen der DRKongo und zugleich der Verlust der üppigen Dividenden, die ihnen der Krieg offerierte. Verschiedene Berichte der vom UNO-Generalsekretär ernannten Kommission zur Ermittlung der illegalen Plünderung der Naturressourcen der DRKongo bestätigen stichhaltig, dass die Ursache des aktuellen Krieges vor allem wirtschaftlicher Natur ist.

Kabila II

Am 16. Januar 2001 wurde Präs. L.-D. Kabila, wie oben erwähnt, ermordet. Wie in einer Erbmonarchie ging die präsidiale Gewalt auf den Sohn J. Kabila über, der am 26.1.2001 in seiner Ansprache beim Machtantritt Hoffnung keimen ließ.

Joseph Kabila
Joseph Kabila

So wurde beim Gipfeltreffen von Lusaka (15.-16.02.2001) der Friedensprozess in der DRKongo wieder in Schwung gebracht. Konkret: die MLC (J.P. Bemba) unterzeichnete das „Unterabkommen“ von Harare (Simbabwe) vom 6.12.2000, das wiederum Teil „der Rückzugsverpflichtung“ von Lusaka II (8.4.2000) ist. Letztere sieht den Rückzug der kämpfenden Kräfte um 15 km von den Frontlinien vor. Ket Masire, dessen Ablösung vom ermordeten Präsidenten L.-D. Kabila immer wieder verlangt wurde, wurde in seiner Funktion als „Facilitateur“ reaktiviert. Der MONUC wurde die Stationierung ihrer Truppen in den festgelegten Gebieten beiderseits der Front gestattet.

Damit wurde der Weg zum innerkongolesischen Dialog frei gemacht. Zwischen dem 20 und 24 8.2001 fanden in Gaborone (Botswana) unter Vermittlung von Ket Masire die Vorgespräche zum innerkongolesischen Dialog statt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten einigte man sich auf Addis Abeba (Äthiopien) als Veranstaltungsort des innerkongolesischen Dialogs. Das Eröffnungsdatum der Verhandlungen, die zuerst auf 45 Tage befristet wurden, wurde auf den 15.10.2001 festgelegt. In diesem Zusammenhang sprach man vom „Geist von Gaborone“. Unter diesem Begriff verstand man die Überwindung der partikularen, parteipolitischen Interessen zugunsten des Wohles des gesamten kongolesischen Volkes. Aber wie sich später herausstellte, hat der „Geist von Gaborone“ nicht lange geweht. Das am 19.10.2001 eröffnete Treffen von Addis Abeba wurde aufgrund der schwerwiegenden Divergenzen unter den Teilnehmern unterbrochen.

Nach den Treffen von New York, Abuja (Nigeria) und Genf, bei denen die Krieg führenden Parteien (Regierung in Kinshasa, RCD-Goma und MLC), die in Addis Abeba hervorgetretenen Divergenzen, die wiederum zum Scheitern des innerkongolesischen Dialogs führten – die Regierungsdelegation verließ die Verhandlungen -, behandelt hatten, fand in Sun City (Südafrika) der innerkongolesische Dialog statt. Nach 52 Tagen (25.2.-19.4.2002) – wohlgemerkt: 45 Tage waren vorgesehen – hatte der innerkongolesische Dialog, an dem 360 Delegierte teilgenommen hatten, eine Maus geboren. Das heißt, er hatte seine Tore mit einem „partiellen Rahmenabkommen“, auch „partielles Rahmenabkommen von Sun City“ genannt, für die Übergangszeit in der DRKongo geschlossen.

Das Abkommen von Sun City sah vor, dass J. Kabila an der Spitze des Staates bleibt, J.P. Bemba zum Premierminister ernannt wird, die RCD-Goma die Führung des Parlamentes übernimmt, der Senat durch eine aus der unbewaffneten Opposition stammende Persönlichkeit geleitet wird und die „bürgerlichen Institutionen“ (unabhängige Wahlkommission, Medienkontrollorganisation, Kommission für Wahrheit und Versöhnung, nationales Organ zur Beobachtung der Menschenrechte, Kommission für Ethik und gegen Korruption) unter dem Vorstand der Zivilgesellschaft stehen werden.

Das „Rahmenabkommen von Sun City“ hatte eine entscheidende Schwäche: Das Konsensprinzip des Lusaka-Abkommens wurde zugunsten des Mehrheitsprinzips aufgegeben. Folgerichtig fühlte sich ein Teil der Delegierten beim innerkongolesischen Dialog von Sun City nicht an dieses Abkommen gebunden. Unter der Federführung der RCD-Goma und der UDPS hatten einige von ihnen die „Allianz für die Rettung des innerkongolesischen Dialogs“ ins Leben gerufen, deren Hauptziel es ist, alle Parteien an einer globalen und inklusiven Lösung der kongolesischen Krise zu beteiligen. Parallel dazu hatte eine Gruppe politischer Persönlichkeiten, die weder das „Abkommen von Sun City“ unterzeichnet hatten, noch der „Allianz für die Rettung des innerkongolesischen Dialogs“ beigetreten waren, in Kinshasa ein politisches Kollektiv, die kongolesische politische Opposition, gegründet.

Anfang Juni 2002 fanden in Matadi (Bas Congo) Gespräche zwischen Regierung, MLC und anderen Unterzeichnern des Abkommens von Sun-City über die Charta der Übergangszeit statt. Gespräche, die ohne nennenswerte Ergebnisse abgebrochen wurden. Das Scheitern des Treffens von Matadi ging auf die gegensätzlichen Ziele der beiden Hauptunterzeichner des „Abkommens von Sun City“ (Regierung und MLC) zurück. Die Berliner TAZ schrieb darüber: Kabila dachte, er habe die Rebellen gespalten; Bemba dachte, er habe Kabila entmachtet.

Die eben erwähnten gegensätzlichen Ziele sind die unüberbrückbaren Divergenzen in Hinsicht auf den Auftrag zur Regierungsbildung und auf das Oberkommando der Armee. Während die Vertreter der Regierung bei den Gesprächen in Matadi darauf bestanden, dass J.P. Bemba von J. Kabila formell ernannt werden muss, lehnte die MLC-Delegation dies mit der Begründung ab, dass sich dies um eine Geste der Unterwerfung handele. Was das Oberkommando der Armee anbetrifft, plädierte die MLC dafür, es dem Verteidigungsrat zu übertragen. Regierungsvertreter hingegen beanspruchten das alleinige Oberkommando für J. Kabila.

Dorf
Geplündertes und verlassenes Dorf im Gebiet Mahagi, Ituri, Foto: Christophe Boulierac, MONUC

Nach dem Scheitern der Gespräche von Matadi herrschte wieder der Status quo: die Teilung des Landes in verschiedene kleine Republiken, die von den Krieg führenden Parteien und ihren „Alliierten“ regiert wurden: Kinshasa (Regierung), Gemena (MLC), Bunia (RCD-K-ML), Goma (RCD-Goma), Isiro (RCD-N) und Wamba dia Wamba (RCD-ML) ohne festes Territorium und ohne Streitkräfte, aber mit der Republik in seiner Tasche.

Überdies beobachtete man das Wiederaufflammen der Kriegshandlungen in verschiedenen Regionen: in Kibali-Ituri zwischen den Abtrünnigen der RCD-ML des Kommandanten Lubanga und den Truppen von Nyamwisi (RCD-K-ML, Unterzeichner des Abkommens von Sun City); auf der Hochebene von Minembwe (Süd-Kivu) zwischen den Truppen von Kommandant Mansunzu, Abtrünniger der RCD-Goma, unterstützt durch die Mai-Mai- und Interahamwe-Milizen und den ruandischen Truppen; in der Region von Pweto (Katanga), wo die Mai-Mai-Milizen, unterstützt durch die kongolesische Armee, gegen die Truppen der RCD-Goma, assistiert durch ruandische Truppen, kämpfen.

Nach dem Scheitern der Gespräche von Matadi zwischen den Unterzeichnern des partiellen Abkommens von Sun-City (19.4.2002), Gespräche, aus denen die Verfassung der Übergangszeit hervorgehen sollte, zeigte die Regierung in Kinshasa eine Hinneigung zur Privilegierung der externen Elemente der Lösung der Krise in der DRKongo: Abkommen von Pretoria (31.7.02) mit Ruanda und Abkommen von Luanda (6.9.02) mit Uganda. Während das Abkommen von Pretoria den Rückzug der ruandischen Truppen unter der Bedingung der Entwaffnung, Kasernierung und Repatriierung nach Ruanda der Angehörigen der ex-FAR und der Interahamwe durch die Regierung in Kinshasa vorsieht, hat das Abkommen von Luanda zum Inhalt den bedingungslosen Rückzug der ugandischen Truppen aus ihren operationellen Stützpunkten in der DRKongo, die Wiederaufnahme der seit dem Ausbruch des Krieges am 2.8.98 abgebrochenen bilateralen Zusammenarbeit und die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen. Inzwischen sind alle ruandischen Truppen aus der DRKongo zurückbeordert. Was die ugandischen Truppen anbetrifft, ist ein Teil dieser auf Bitte der Regierung in Kinshasa und der Monuc noch in Bunia stationiert.

Die Nichtumsetzung des „Abkommens von Sun City“ war nicht das Ende des innerkongolesischen Dialogs? Seitens der UNO, der Afrika Union, Südafrikas und der Nichtunterzeichner des „Abkommens von Sun City“ wurde ununterbrochen versucht, den innerkongolesischen Dialog zu reaktivieren. Nicht ohne Erfolg. Im Oktober gab es ein Vorabkommen, dessen festgelegte Prinzipen zum Inhalt haben:

  • die Teilnahme aller Komponenten des innerkongolesischen Dialogs an der Verwaltung der Transition;
  • die Unabsetzbarkeit der Leiter der Organe der Übergangszeit;
  • die Machtteilung auf der Basis der Inklusivität.

Als institutionelle Architektur der Übergangszeit sieht das Vorabkommen vor: Einen Staatspräsidenten und vier Vize-Staatspräsidenten – man spricht auch von „1 + 4“ -, die Regierung, die Nationalversammlung, den Senat, die Gerichte und höheren Gerichtsinstanzen. Vorgesehen sind auch Institutionen für die Konsolidierung der Demokratie (unabhängige Wahlkommission, die Menschenrechtskommission, die oberste Medienbehörde, die Kommission „Wahrheit und Versöhnung“, die Kommission für die Bekämpfung der Korruption). Was die Armee anbetrifft, wird man auf den Mechanismus betreffend die „Bildung einer nationalen, restrukturierten und integrierten Armee“ zurückgreifen, der am 10.04.02 in Sun City angenommen worden war. Um die nationale Versöhnung zu fördern, wurde dem Prinzip der Beendigung aller Kampfhandlungen in der Gesamtheit des nationalen Territoriums, der Annahme des Amnestiegesetzes und der Sicherung sowohl der Stadt Kinshasa als auch der Leiter der Institutionen der Transition zugestimmt.

Während die MLC und die RCD-Goma von einer „vertikalen“ Machtteilung, d. h. auf allen Ebenen, sprechen, ist die Regierung in Kinshasa der Meinung, dass sich die Machtteilung auf die Staatsämter beschränkt. Ein anderer Streitpunkt ist die von der bewaffneten Opposition geforderte Gleichstellung der Mitglieder des „Präsidialkollektives“. Die Regierung in Kinshasa interpretiert die Formel „1 + 4“ wie folgt: Die Zahl „1“ bedeutet, dass es in der DRKongo einen Staatspräsidenten gibt, der auch Chef der Exekutive ist.

Zwischen dem 15. und dem 23.11. 2002 fand in Pretoria die 2. Runde des innerkongolesischen Dialogs statt, an der die Vertreter der Regierung in Kinshasa, der bewaffneten Opposition, der politischen Opposition und der Zivilgesellschaft teilnahmen. Wegen der Divergenzen zwischen den Kriegsparteien wurden die Verhandlungen unterbrochen und auf den 9.12.2002 vertagt. Diese Divergenzen bezogen sich auf die folgenden Punkte: Teilung der Verantwortlichkeit, Führung der Nationalarmee, Sicherung sowohl der Stadt Kinshasa als auch der Amtsträger der Übergangszeit.

Am 9.12.2002 begann die dritte Runde des innerkongolesischen Dialogs in Pretoria. Sie schloss am 17.12.2002 ihre Tore mit der Unterzeichnung eines globalen und inklusiven Abkommens über die Übergangszeit in der DRKongo. Am 6.3.2003 unterschrieben die Vertreter der Komponenten und Entitäten des innerkongolesischen Dialogs ein Dokument über die Verfassung, die Sicherung der Stadt Kinshasa und der Institutionen der Transition sowie die Bildung der neuen nationalen Armee. Bei der am 1. und 2. April tagenden Vollversammlung des innerkongolesischen Dialogs in Sun-City wurde das globale und inklusive Abkommen sowie die Verfassung der Übergangszeit durch die Delegierten angenommen.

Präs. Kabila setzte am 4.4.2003 die Verfassung der Übergangszeit in Kraft. Damit begann die Periode des Übergangs in der Demokratischen Republik Kongo, die mit freien, demokratischen und transparenten Wahlen in spätestens drei Jahre enden soll.

Übergang und Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo (2003–2006)

Die Jahre 2003 bis 2006 stellten für die Demokratische Republik Kongo (DRC) eine Ära des bedeutenden politischen Umbruchs und der Neuausrichtung dar. Diese Periode war gekennzeichnet durch die Bildung einer inklusiven Übergangsregierung, die entscheidend war für die Bewältigung von Konflikten und humanitären Krisen, insbesondere in den östlichen Provinzen. In dieser Zeit wurden auch neue politische Strukturen geschaffen, darunter eine neue Verfassung, die den Grundstein für die ersten demokratischen Wahlen legte. Die Beteiligung verschiedener politischer Kräfte, einschließlich der Volkspartei für Wiederaufbau und Demokratie (PPRD) und der Union für Demokratie und sozialen Fortschritt (UDPS), sowie die fortgesetzte internationale Unterstützung und regionale Kooperation, waren entscheidende Faktoren, die diese Entwicklungen ermöglichten und die DRC auf den Weg zu einer stabileren und demokratischeren Zukunft führten.

2003: Bildung einer Übergangsregierung

Die Übergangsregierung von 2003 war eine Antwort auf den Bedarf einer inklusiven politischen Plattform. Sie umfasste Vertreter verschiedener Gruppen des Interkongolischen Dialogs, darunter auch die Volkspartei für Wiederaufbau und Demokratie (PPRD), die Partei von Joseph Kabila. Die PPRD spielte eine dominierende Rolle in der Politik des Landes und war maßgeblich an der Gestaltung der Übergangsprozesse beteiligt.

2004: Herausforderungen in Kivu

Die Konflikte in der Ostprovinz Kivu, die zur Flucht von bis zu 150.000 Menschen führten, zeigten die anhaltenden Herausforderungen im Land. Die internationalen Friedensbemühungen, angeführt von den Vereinten Nationen und unterstützt durch regionale Partner im Rahmen der Afrikanischen Union, waren entscheidend, um die Situation zu stabilisieren. Trotzdem blieben die östlichen Provinzen ein Brennpunkt für Rebellenaktivitäten und humanitäre Krisen.

2005: Internationale Einflüsse und wirtschaftliche Reformen

Die Enthüllungen über die Unterstützung von Aufständischen durch Uganda und Ruanda waren ein Beispiel für die komplexen regionalen Dynamiken, die den Friedensprozess im Kongo beeinflussten. Dies unterstrich die Notwendigkeit kontinuierlicher internationaler Zusammenarbeit und Dialog, insbesondere mit wichtigen westlichen Partnern wie der EU und den USA, um wirtschaftliche und entwicklungspolitische Unterstützung zu sichern und zur Verbesserung der Infrastruktur und Bekämpfung der Korruption beizutragen.

2006: Ein Wendepunkt durch Wahlen

Die Verfassung von 2006 und die darauffolgenden ersten freien Mehrparteienwahlen waren ein Meilenstein in der Geschichte des Kongo. Sie bildeten die Grundlage für die Entwicklung hin zu einer stabilen und demokratischen Gesellschaft. Die Wahlen, an denen neben der PPRD auch andere bedeutende Parteien wie die Union für Demokratie und sozialen Fortschritt (UDPS) und die Bewegung für die Befreiung des Kongo (MLC) teilnahmen, waren ein Ausdruck des politischen Pluralismus und des Wunsches nach Veränderung im Land.

Kabilas Präsidentschaft und Herausforderungen (2006–2018)

Die Periode von 2006 bis 2018 in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) war eine Zeit signifikanter politischer, wirtschaftlicher und sozialer Herausforderungen unter der Präsidentschaft Joseph Kabilas. Diese Ära zeichnete sich durch eine Kombination von internen Entwicklungen und externen politischen Dynamiken aus, die die nationale und internationale Ausrichtung des Landes wesentlich prägten.

Die Dominanz der PPRD und das politische Umfeld

Unter Kabilas Führung spielte die Volkspartei für Wiederaufbau und Demokratie (PPRD) eine dominierende Rolle im politischen Leben des Kongo. Die PPRD, Kabilas Partei, beeinflusste maßgeblich die politischen Entscheidungen und die Richtung des Landes. Gleichzeitig traten andere bedeutende politische Kräfte in Erscheinung, darunter die Union für Demokratie und sozialen Fortschritt (UDPS), die Bewegung für die Befreiung des Kongo (MLC) und die Lamuka-Koalition.

Wirtschaftliche und soziale Herausforderungen

Kabilas Amtszeit war auch geprägt von kontinuierlichen Bemühungen, wirtschaftliche und soziale Reformen voranzutreiben. Dies umfasste Initiativen zur Verbesserung der Infrastruktur, Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption und Strategien zur Stärkung der wirtschaftlichen Stabilität des Landes. Trotz dieser Bemühungen blieben die östlichen Provinzen des Kongo ein Brennpunkt für Rebellenaktivitäten und humanitäre Krisen, was die komplexe Sicherheitslage und die anhaltenden Herausforderungen in diesen Gebieten unterstreicht.

Internationale Beziehungen und regionale Dynamiken

Während seiner Regierungszeit engagierte sich Kabila aktiv in der Afrikanischen Union und bei regionalen Initiativen, die auf Friedenssicherung und Konfliktlösung abzielten. Zusätzlich unterhielt die DRC unter Kabilas Führung fortgesetzte Beziehungen mit westlichen Nationen, insbesondere mit der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten.

2011: Kontroversen und die Wiederwahl Kabilas

Die Wiederwahl Kabilas im Jahr 2011 war von Vorwürfen des Wahlbetrugs und politischen Spannungen geprägt. Die Wahlen stellten die Glaubwürdigkeit des demokratischen Prozesses infrage und führten zu einer Verschärfung der politischen Polarisierung.

2016: Verfassungskrise und politische Unruhen

Die Entscheidung Kabilas, nach Ablauf seiner Amtszeit im Jahr 2016 nicht zurückzutreten, führte zu landesweiten Protesten und politischen Unruhen. Diese Situation warf Fragen über die Zukunft der demokratischen Institutionen im Land auf und verdeutlichte die Notwendigkeit einer stärkeren rechtsstaatlichen Ordnung und politischen Verantwortung.

Zeitenwende in der DR Kongo: Der Machtwechsel unter Félix Tshisekedi

2019: Historischer Machtwechsel und neue Hoffnung

  • Präsidentschaftswahl 2018 und Sieg von Félix Tshisekedi (UDPS)
  • Friedlicher Machtwechsel nach langer Dominanz der PPRD unter Joseph Kabila
  • Symbol für demokratischen Fortschritt und Beginn einer neuen Ära

Herausforderungen und erste Schritte

  • Distanzierung von Kabilas Erbe und Kampf gegen Korruption
  • Ernennung von Vital Kamerhe zum Stabschef
  • Verurteilung Kamerhes wegen Veruntreuung 2020

2021: Konsolidierung der Macht und neue politische Landschaft

  • Gewinnung der Unterstützung der Nationalversammlung
  • Bildung einer neuen Regierung ohne Kabilas Anhänger
  • Tshisekedis Fähigkeit zur Mobilisierung über Parteigrenzen hinweg
  • Bedeutende Rolle der MLC und Lamuka-Koalition

Anhaltende Herausforderungen und Reformbemühungen

  • Rebellenaktivitäten und humanitäre Krisen in den Ostprovinzen
  • Verbesserung der Infrastruktur, Korruptionsbekämpfung und wirtschaftliche Stabilität als zentrale Aufgaben
  • Erfolge der Reformbemühungen als Schlüssel für die Zukunft des Landes

Internationale Beziehungen und regionale Verantwortung

  • Verstärkte Beteiligung an regionalen Initiativen und Friedenssicherungsmaßnahmen (Afrikanische Union)
  • Fortsetzung und Ausbau der Beziehungen zu westlichen Nationen
  • Suche nach wirtschaftlicher und entwicklungspolitischer Unterstützung

2023: Bestätigung durch Wiederwahl

  • Tshisekedi mit 73 % der Stimmen im Amt bestätigt

 

Stand: Januar 2024

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