Wettlauf um Afrikas Rohstoffe
Zum Höhepunkt seiner Afrikareise besucht Joe Biden den Hafen Lobito in Angola. Dort kommen Züge voller Kupferkonzentrat aus der DR Kongo an, zum Export in die USA. Mit dem Ausbau des „Lobito Corridor“ will der Westen China in Afrika Konkurrenz machen
Von Dominic Johnson
Um zu verstehen, wie groß und zugleich begrenzt das Interesse der USA an Afrika ist, bietet Lobito in Angola einen guten Einblick. Von einem der größten natürlichen Tiefseehäfen der Atlantikküste Afrikas führt eine fast 2.000 Kilometer lange Eisenbahnlinie ins Herz des Kontinents: in den „Copperbelt“, der sich auf 450 Kilometern Länge und bis zu 280 Kilometern Breite durch die zentralafrikanische Savanne zieht. Die Grenze zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Sambia führt mitten durch diesen riesigen „geologischen Skandal“, in dem sich über die Hälfte der Kobaltreserven der Welt befindet und über ein Zehntel der Kupferreserven, in einmalig hohen Konzentrationen, und unzählige andere wertvolle Rohstoffe. Sämtliche strategische Mineralien für die globale Energiewende sind hier zu finden….
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https://taz.de/US-Praesident-in-Angola/!6054836/
Kategorie: TAZ-Artikel
11.10.2024
13.03.2024
https://taz.de/Krieg-im-Osten-der-DR-Kongo/!5994817/
30.01.2024: Krieg in der DR Kongo: Eskalation am See
Krieg in der DR Kongo: Eskalation am See
In der DR Kongo spitzt sich der Konflikt zu: Eine neue Eingreiftruppe aus dem südlichen Afrika, bestehend aus Soldaten aus Tansania, Südafrika und Malawi, wurde entsandt, um den von Ruanda unterstützten M23-Rebellen entgegenzutreten. Diese Truppen sind im Rahmen eines Mandats der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) in Goma stationiert und sollen die kongolesische Armee im Kampf gegen die M23-Rebellen unterstützen.
Die strategisch wichtige Kleinstadt Sake, nahe der Provinzhauptstadt Goma, wird zum zentralen Schauplatz der Auseinandersetzungen. Die M23-Rebellen, unter der Führung von Sultani Makenga, zielen darauf ab, die Nachschubwege der kongolesischen Armee abzuschneiden und Goma einzukesseln. Es gab Berichte über einen erfolgreichen Hinterhalt der M23 gegen einen burundischen Truppenkonvoi, was die Komplexität des Konflikts unterstreicht.
Zugleich haben die M23-Rebellen schwere Verluste erlitten, unter anderem durch den Einsatz einer Kampfdrohne der kongolesischen Armee, die zwei hochrangige M23-Offiziere tötete. Als Reaktion verstärkte Ruanda seine Unterstützung für die M23, wodurch sich indirekt ein Stellvertreterkonflikt mit Burundi auf kongolesischem Boden abzeichnet.
In Goma herrscht wegen des erneuten Einmarsches ruandischer Truppen Unruhe und Panik. Die Militärregierung von Nord-Kivu hat als Reaktion eine nächtliche Verkehrssperre für Motorrad-Taxis und Kleinbusse verhängt, was zu Protesten führte.
Inmitten dieser Eskalation bemüht sich die katholische Kirche um Friedensvermittlungen. Der Erzbischof von Kinshasa, Fridolin Ambongo, hielt in Goma eine Friedensmesse ab und forderte alle Konfliktparteien auf, „mehr Menschlichkeit zu zeigen“ und den Dialog zu suchen. Die komplexe Situation in der Region erfordert dringend diplomatische Bemühungen, um weitere Gewalt zu verhindern.
https://taz.de/Krieg-in-der-DR-Kongo/!5988389/
29.03.2023
https://taz.de/Wahlvorbereitung-im-Kongo/!5921799/
10.01.2023
Europäische Söldner im Kongo: Kongos geheime weiße Armee
Erst suchte die Demokratische Republik Kongo Russlands Hilfe gegen die M23-Rebellen. Nun stehen in Goma Söldner aus Rumänien. Eine taz-Recherche.
KAMPALA taz | Die Leiche eines weißen Mannes in Flecktarnuniform liegt im Dreck am Straßenrand. „Das passiert den Russen von Wagner“, so der Kommentar unter dem Foto aus der Demokratischen Republik Kongo, das auf Twitter die Runde macht. Gemeint ist damit die private Söldnerfirma Wagner, die im Auftrag Russlands nicht nur in der Ukraine für grausame Menschenrechtsverbrechen an Zivilisten verantwortlich gemacht wird, sondern auch in Mali und in der Zentralafrikanischen Republik.
Sind die Russen etwa auch im Kongo aktiv, um der maroden Armee gegen die Rebellengruppe M23 (Bewegung des 23. März) zu helfen? Westliche Diplomaten zeigen sich gegenüber der taz zutiefst besorgt. Dabei hatte noch im Oktober Kongos Präsident Félix Tshisekedi das im Interview mit der Financial Times ausgeschlossen. „Ich weiß, dass es jetzt in Mode ist“, hatte er gesagt.„Nein, wir müssen keine Söldner einsetzen.“
Auf Anfrage der taz bestätigt die M23-Führung, dass der getötete Weiße im Kampf gefallen sei, am 30. Dezember im Dorf Karenga – direkt an der Frontlinie nördlich der Millionenstadt Goma. Ein M23-Kämpfer habe das Foto gemacht. Er habe keinerlei Flagge oder gar ein Wagner-Abzeichen auf der Uniform getragen, seine Nationalität sei „schwer zu sagen“. Ein M23-Kommandeur behauptet, weitere vier weiße Söldner seien gefallen. Beweise liefert er nicht.
Recherchen der taz bestätigen: Das Hotel Mbiza im Stadtzentrum von Goma, unweit des Flughafens und nur wenige Straßenecken von der Grenze zu Ruanda entfernt, ist voll von Weißen mit Waffen. „Es sind Dutzende, vielleicht sogar hundert weiße Männer in Uniform“, berichtet ein lokaler Journalist, der im Auftrag der taz das Hotel aufgesucht hat und dessen Name aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden kann. „Sie tragen verschiedene Uniformen ohne Landesflagge und Pistolen am Gürtel.“ Die meisten sprächen fließend Französisch.
Der Eingangsbereich wird streng bewacht von Soldaten der kongolesischen Präsidentengarde. Sie bestätigen: Das ganze Hotel sei für einen längeren Zeitraum von Ausländern angemietet worden. „Es ist jetzt das Hauptquartier der Weißen“, erklärt ein Soldat am Eingang, mehr Auskunft will er nicht geben.
Bei einem kurzen Blick in den Konferenzraum des Hotels sieht man dort Kongos Flagge aufgestellt, kongolesische Offiziere der Spezialeinheiten gehen ein und aus. Fotos, die die taz erhalten hat, zeigen muskelbepackte Schwergewichte mit kurz geschorenen Haaren und verspiegelter Sonnenbrille, die im verdunkelten Auto durch Goma fahren – mit bewaffneten kongolesischen Soldaten als Begleitschutz.
Aus der Fremdenlegion über Bangui nach Goma
Die Kongolesen in Goma bezeichnen die Söldner als „Russen“, mit der Anspielung auf die in Afrika berüchtigten Wagner-Truppen. Doch ob es sich nun um Russen oder andere Osteuropäer handele, „das können die meisten Kongolesen tatsächlich nicht auseinander halten“, so der lokale Journalist.
Ein Angestellter von Kongos Immigrationsbehörde am Flughafen in Goma versichert der taz: Er habe beim Eintreffen der weißen Militärs am 22. Dezember mit einer Boeing 737, die von derEuropäische Söldner im Kongo: Kongos geheime weiße Armee – taz.de rumänischen Fluggesellschaft Hello Jets gechartert worden war, Pässe aus Rumänien abgestempelt. Und ein weiteres Foto, das am 2. Januar online gestellt wurde, gibt konkretere Hinweise. Ein weißer, schon etwas älterer Mann mit kurz geschorenen Haaren, in ziviler Kleidung aber mit einem AK-47-Sturmgewehr in den Händen steht zwischen zwei kongolesischen Soldaten auf einer Straße nördlich von Goma. Bei diesem Mann handelt es sich um einen gestandenen Söldner aus Rumänien: Horatiu Potra.
Geboren 1970 in der rumänischen Stadt Medias in Transsilvanien, ging Potra in den 1990er Jahren zur französischen Fremdenlegion. Ende der 1990er wurde er der persönliche Chefleibwächter des Emirs von Katar. Seit der Jahrtausendwende trieb er sich meist in Afrika herum: Er trainierte in der Zentralafrikanischen Republik Leibwächter des damaligen Präsidenten Ange-Félix Patassé und brachte Aufständischen in Tschad das Kämpfen bei.
Unter seinem Kriegsnamen „Leutnant Henry“ hatte er es von 2002 an auch mit dem kongolesischen Rebellenführer Jean-Pierre Bemba zu tun, der damals mit seiner Rebellenorganisation MLC (Bewegung zur Befreiung des Kongo) Patassé in der Zentralafrikanischen Republik unter die Arme griff. 2016 soll Horatiu Potra im Auftrag Moskaus in der Zentralafrikanischen Republik die Leibwächter des aktuellen Präsidenten Faustin Touadéra ausgebildet haben.
Ob Potra einer der sogenannten Instrukteure auf der Gehaltsliste der russischen Söldnerfirma Wagner war, lässt sich bislang nicht bestätigen – die taz hat zahlreiche internationale Wagner-Experten sowie die UN-Expertengruppe zur Überwachung der Demokratischen Republik Kongo danach gefragt. Potra ist Geschäftsführer der rumänischen Söldnerfirma Associata RALF mit Sitz in Sibiu in Transsilvanien, die auf ihrer Internetseite angibt, sie trainiere Leibwächter für VIPs, beschütze „sensible Gebiete“ wie Minen in Afrika und bilde Spezialeinheiten aus. Sie verweist dabei ausdrücklich auf ihren Kodex, der der französischen Fremdenlegion entnommen ist. Auf taz-Anfragen antworten die Firma und Geschäftsführer Potra nicht.
Modernes Kriegsgerät aus Moskau
Kongos Regierung hat im vergangenen Jahr die Beziehungen zu Russland intensiviert. Im August war Kongos Verteidigungsminister Gilbert Kabanda in Moskau zu einer Sicherheitskonferenz eingeladen und lobte in seiner Rede die „Unterstützung“ Russlands im Kampf gegen die Rebellen im Ostkongo. Russland wiederum sagte Kongos maroder Armee modernes Kriegsgerät zu: Panzer, Hubschrauber und Kampfflugzeuge.
So etwas war bislang gar nicht so einfach. Das 2003 im Rahmen des Friedensvertrages für Kongo verhängte Waffenembargo gegen Kongo wurde zwar 2008 teilweise aufgehoben, doch weiterhin musste der UN-Sicherheitsrat informiert werden, wenn Kongos Armee oder Polizei von außerhalb des Landes Ausrüstung oder Ausbildung erhalten sollte.
Diese Auflagen wurden erst im Dezember 2022 abgeschafft, vor allem dank Russlands im UN-Sicherheitsrat. Die Resolution zur Beendigung der Pflicht zur „Notifizierung“ verabschiedete der UN-Sicherheitsrat am 20. Dezember. Zwei Tage später trafen die weißen Söldner mit rumänischen Pässen in Goma ein.
Kongos Luftwaffe besteht hauptsächlich aus russischen Beständen, darunter vier russische Mi-8 Kampfhubschrauber und acht Mi-24 Kampfjets. Einer der beiden Transport-Hubschrauber Mi-26 ist letztes Jahr im Einsatz abgestürzt. Das übrige Gerät, das derzeit im Kampf gegen die M23 ständig gebraucht wird, muss dringend gewartet werden, um weitere Unfälle zu vermeiden. Doch Russland braucht derzeit im Krieg gegen die Ukraine sein Material selbst – das Angebot auf dem Weltmarkt ist dementsprechend gering und noch dazu sehr teuer.
In den vergangenen Monaten hat der russische Botschafter, Viktor Tokmakov, immer wieder Vertreter des kongolesischen Sicherheitsrates sowie Mitglieder des Senatsausschusses für Sicherheit in Kinshasa getroffen. Tokmakov war von 2015 bis 2021 Botschafter in Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, wo Russen von Wagner und des Militärgeheimdienstes GRU die Armee ausbilden und ausrüsten und im Gegenzug Firmen im Wagner-Umfeld Bergbaurechte erhalten haben.
Hat Russland auf einen ähnlichen Deal im Kongo gehofft? Armee und Regierung äußern sich dazu nicht. Aus Kreisen von Kongos Spezialeinheiten in Goma heißt es gegenüber der taz: Die Russen hätten zu hohe Preise verlangt. Man wandte sich anderen Partnern aus Osteuropas zu.
Bulgarische Techniker für die Luftwaffe
Als Kongos Verteidigungsminister Gilbert Kabanda im Mai auf dem Flugfeld der Luftwaffe in der Hauptstadt Kinshasa eine Flugdemonstration abnahm, standen auf dem Rollfeld Osteuropäer in Uniformen mit dem Abzeichen der privaten Firma „Agemira“. Kabanda lobte: Die hätten in nur 57 Tagen die alten russischen Kampfhubschrauber wieder flott bekommen.
UN-Ermittler im Kongo bestätigen der taz: Die bulgarische Firma Agemira mit Hauptsitz in Sofia hat eine Tochterfirma in Kinshasa gegründet, die für Kongos Armee Hubschrauber und Kampfjets wartet. Am Flughafen von Goma habe Agemira rund 40 Ingenieure und Flugtechniker stationiert, um dort Reparaturen durchzuführen. Diese Techniker sind nicht nur Bulgaren, unter ihnen sind auch Georgier und Weißrussen, die sich mit russischen Maschinen auskennen. Kongos Luftwaffe beschäftigt georgische Piloten.
All diese Männer aus ehemaligen Sowjetländern sind nun offensichtlich mit den Rumänen im Hotel Mbiza einquartiert. Nach einem Bericht des französischen Fachbriefes Africa Intelligence ist Potras Auftraggeber offiziell nicht Kongos Verteidigungsministerium, sondern die Firma Congo Protection, die dem Geschäftsmann Bijou Eliya und dem Parlamentsabgeordneten Patrick Bologna gehört; Bologna ist Gründer und Präsident der Kleinpartei ACO (Avenir du Congo) des kongolesischen Premierministers Sama Lukonde.
Jetzt bewachen die rumänischen Söldner den Flughafen von Goma, auf dem die Techniker der bulgarischen Agemira die Fluggeräte fit machen. Kongos Armee will ausschließen, dass das strategisch wichtige Rollfeld, das erst vor wenigen Jahren mit Geld aus Deutschland instandgesetzt wurde, in die Hände der M23-Rebellen fällt – wie beim letzten Krieg 2012. Damals hatten die M23-Kämpfer die Armeedepots am Flughafen geplündert – darin lagerten auch Mittelstreckenraketen, die Kongos Armee frisch aus Russland eingekauft hatte.
Europäische Söldner im Kongo: Kongos geheime weiße Armee – taz.de
01.04.2022
https://taz.de/Neue-Kaempfe-im-Osten-Kongos/!5841834/
taz-Ausgabe vom 31.3.2022
Von Simone Schlindwein, Kampala
Den Kontakt zu ihrem Aufklärungshubschrauber verlor die UN-Mission im Kongo (Monusco) gegen Dienstagmittag. Er hatte gerade einen Erkundungsflug über dem umkämpften Waldgebiet im Dreiländereck zwischen der Demokratischen Republik Kongo, Uganda und Ruanda unternommen. Dort herrscht Chaos.
Über 13.000 Menschen in dem Gebiet rund hundert Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Goma rafften am Dienstagmorgen erneut ihre Habseligkeiten zusammen und rannten um ihr Leben. Die meisten Einwohner der kleinen Grenzstadt Bunagana flüchteten sich ins Nachbarland Uganda, darunter Grenzbeamte und Polizisten und verletzte Soldaten von Kongos Armee. Selbst in Uganda war das Wummern der schweren Waffen zu hören.
Letztlich kamen die Gefechte so nahe, dass Kugeln über die Grenze flogen und in ugandischen Vorgärten landeten. Die Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) liefern sich seit Montag erneut Gefechte mit Kongos Armee in den Bergen zwischen Bunagana und der 40 Kilometer im Landesinneren gelegenen Stadt Rutshuru. Die Tutsi-Kämpfer unter dem Kommando von General Sultani Makenga versuchten erneut, die Militärbasen in den Dörfern Chanzu und Jomba einzunehmen. Das hatten sie im Januar und Februar bereits versucht.
Wenig später meldete die Monusco: Ihr Hubschrauber sei abgestürzt. Acht UN-Blauhelme – sechs Pakistaner, der russische Pilot und der serbische Copilot – sind tot. Kongos Armeesprecher beschuldigte die M23, den Helikopter abgeschossen zu haben. M23-Sprecher Willy Ngoma streitet dies ab und fordert eine unabhängige Untersuchung. Ein Monusco-Sprecher sagte am Mittwoch, ersten Erkenntnissen zufolge habe ein „leuchtendes Objekt“ den Hubschrauber getroffen, wollte sich aber nicht auf einen Abschuss festlegen.
Es ist das dritte Mal in wenigen Monaten, dass die M23-Kämpfer im Ostkongo erneut für Unsicherheit sorgen. Dabei war es jahrelang ruhig um die einst stärkste Rebellengruppe im Ostkongo. Desertierte Tutsi-Soldaten aus Kongos Armee hatten 2012 die M23 gegründet, benannt nach dem Datum eines aus ihrer Sicht von Kongos Regierung gebrochenen Friedensabkommens, und sogar die Millionenstadt Goma eingenommen. Später zogen sie sich zurück und wurden 2013 von Kongos Armee und UN-Blauhelmen geschlagen. Seitdem saßen die Kämpfer in Uganda und Ruanda herum, bis M23-Anführer Makenga 2017 aus Uganda floh und sich mit rund hundert Kämpfern in die Berge im Dreiländereck zurückzog. Von dort aus startete er im November 2021 eine Offensive gegen Kongos Armee. Seitdem kam es mehrfach zu Gefechten.
Doch für die M23, deren Kämpfer sich jetzt „Kongolesische Revolutionäre Armee“ nennen, hat sich der Wind gedreht. Anders als vor zehn Jahren unterhält Kongos Regierung heute gute Beziehungen zu Uganda und Ruanda. Uganda hat jegliche Unterstützung für die M23 eingestellt. M23-Präsident Bertrand Bisimwa wurde nach eigenen Angaben im Februar aus Uganda vertrieben. Seit November führen Uganda und Kongo gemeinsame Militäroperationen etwas weiter nördlich im Ostkongo gegen die muslimische Rebellenbewegung ADF (Vereinigte Demokratische Kräfte).
Als die M23 am Dienstag die Grenzstadt Bunagana bedrohte, entschied sich Ugandas Armee prompt, den Kongolesen auch hier zur Hilfe zu kommen: Ugandas Kampfjets bombardierten M23-Stellungen in den Bergen, Bodentruppen marschierten ein. Stolz präsentierte Ugandas Armee am Dienstag gefangene M23-Kämpfer, die sich über die Grenze verirrt hatten. Am Mittwoch war die Lage vorerst wieder ruhig. Die Rebellen zogen sich in die Berge zurück.
Doch die neue Freundschaft zwischen den Nachbarn steht auf wackeligen Beinen. Kongos Armee wirft Ruanda vor, die M23 zu unterstützen, so wie bereits 2012–13. Angeblich, so Kongos Armeesprecher Silvain Ekenge, habe man zwei M23-Kämpfer gefangengenommen, die Mitglieder der ruandischen Armee seien. Ruanda streitet dies „kategorisch“ ab, so eine offizielle Erklärung. Die M23 versichert ebenso, keinerlei Hilfe aus anderen Ländern zu erhalten. Am Mittwoch gab es Gespräche zwischen Kongo und Ruanda, um die Lage zu klären.
Die Frage bleibt, welche Ziele die M23 mit ihren Angriffen verfolgt. Mit ihren politischen Forderungen sind sie in Kinshasa gescheitert. Militärisch können die nur knapp 100 Kämpfer nicht viel erreichen. Ein ehemaliger M23-Offizier erklärte der taz auf Anfrage: „Es scheint, als sei Makenga verrückt geworden. Oder er will in seiner letzten Schlacht zumindest in seiner Heimat sterben“.
23.11.2021
04.08.2021
BERLIN taz | Die nächsten Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo stehen erst Ende 2023 an, aber schon jetzt steht ihr Scheitern im Raum. Es herrscht heilloser Streit über die zukünftige Führung der Wahlkommission CENI, von deren Glaubwürdigkeit es abhängt, ob eine korrekte Wahl zustande kommt. Konsens ist nur: Der bisherige CENI-Präsident Corneille Nangaa, ein Freund des früheren Staatschefs Joseph Kabila, soll die nächste Wahl nicht organisieren, und auch die Wahlkommission insgesamt muss reformiert werden. Nangaa hatte die letzte Wahl, die Ende 2016 fällig war, um zwei Jahre verzögert und dann ein Ergebnis vorgelegt, das allen unabhängigen Beobachtungen widersprach. Er erklärte den Oppositionellen Félix Tshisekedi, der ein Bündnis mit Kabila geschlossen hatte, zum Sieger anstelle von Oppositionsführer Martin Fayulu. Alle waren sich einig: 2023 muss es besser laufen. Auch Tshisekedi will 2023 lieber richtig zum Präsidenten gewählt werden. CENI-Chef Nangaa weiß, dass seine Zeit abgelaufen ist, und hat Goldminen in seiner Heimatprovinz Ituri erworben. Doch Nangaas Nachfolge ist immer noch offen. Vom Gesetz her bestimmen die acht größten Religionsgemeinschaften des Landes den CENI-Präsidenten: die Katholiken, die Protestanten der ECC (Kirche Christi im Kongo), die Kimbanguisten (eine autochthone Kirche), die Orthodoxen, die Muslime, die Pfingstkirchen, die Heilsarmee und die Freikirchen. Aber Ende vergangener Woche gingen sie ohne Beschluss auseinander – wie schon einmal im Juli 2020. Beide Male stemmten sich Katholiken und Protestanten, die zwei großen Religionsgemeinschaften, gegen den Vorschlag der sechs kleinen Gruppen. Im Juli 2020 war es Ronsard Malonda, bisherige Nummer zwei der CENI unter Nangaa. Nach dem Nein der beiden großen Kirchen schlugen die anderen ihn trotzdem vor, erst ein Veto von Präsident Tshisekedi stoppte ihn. Das war der Beginn des Machtkampfes zwischen Tshisekedi und Kabila, mit dem der neue Präsident sich seitdem von seinem Vorgänger und Gönner emanzipiert hat. Dieses Jahr brachten die sechs kleinen Religionsgemeinschaften ein Schwergewicht ins Rennen: Denis Kadima, Direktor des in Südafrika basierten EISA (Electoral Institute for Sustainable Democracy in Africa), eine in ganz Afrika respektierte Organisation zur Vorbereitung freier Wahlen, und 2011 UN-Leiter des historischen Unabhängigkeitsreferendums für Südsudan. Eigentlich der ideale Wahlreformer für Kongo. Doch in seiner Heimat lehnen Katholiken und Protestanten ihn ab. Kadima sei 2020 in der Vorauswahl ausgeschieden und komme daher nicht in Betracht, heißt es offiziell. Aktivisten von Tshisekedis Partei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) behaupten, die Kirchen würden Kadima ablehnen, weil er derselben Ethnie angehört wie der Präsident und mit diesem befreundet sei. Am Wochenende griffen sie die Residenz des Erzbischofs von Kinshasa sowie Kirchen in Tshisekedis Heimatprovinz Kasai an. Die UDPS-Führung hat die Angriffe verurteilt, aber das Klima ist vergiftet. Früher stritten UDPS und katholische Kirche gemeinsam für Demokratie im Kongo – heute werfen sie sich gegenseitig das Gegenteil vor. Seit dem Tod von Kardinal Laurent Monsengwo im Juli fehlt eine allseits respektierte integrative Figur. Ein Ausweg ist nicht in Sicht. Vielmehr sind die Wahlen 2023 beschädigt, bevor ihre Vorbereitung überhaupt begonnen hat. Die Heftigkeit des Streits über die CENI-Führung macht klar, dass die Kontrolle der Wahlkommission nach wie vor über den Wahlsieger entscheidet.
07.06.2021
https://taz.de/Nach-dem-Vulkanausbruch-im-Kongo/!5773010/