04.08.2021

BERLIN taz | Die nächsten Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo
stehen erst Ende 2023 an, aber schon jetzt steht ihr Scheitern im Raum.
Es herrscht heilloser Streit über die zukünftige Führung der
Wahlkommission CENI, von deren Glaubwürdigkeit es abhängt, ob eine
korrekte Wahl zustande kommt. Konsens ist nur: Der bisherige CENI-Präsident Corneille Nangaa, ein Freund des früheren Staatschefs Joseph Kabila, soll die nächste Wahl nicht organisieren, und auch die Wahlkommission insgesamt muss reformiert werden. Nangaa hatte die letzte Wahl, die Ende 2016 fällig war, um zwei Jahre verzögert und dann ein Ergebnis vorgelegt, das allen unabhängigen Beobachtungen widersprach.

Er erklärte den Oppositionellen Félix Tshisekedi, der ein Bündnis mit
Kabila geschlossen hatte, zum Sieger anstelle von Oppositionsführer
Martin Fayulu. Alle waren sich einig: 2023 muss es besser laufen. Auch
Tshisekedi will 2023 lieber richtig zum Präsidenten gewählt werden.
CENI-Chef Nangaa weiß, dass seine Zeit abgelaufen ist, und hat Goldminen
in seiner Heimatprovinz Ituri erworben.

Doch Nangaas Nachfolge ist immer noch offen. Vom Gesetz her bestimmen
die acht größten Religionsgemeinschaften des Landes den
CENI-Präsidenten: die Katholiken, die Protestanten der ECC (Kirche
Christi im Kongo), die Kimbanguisten (eine autochthone Kirche), die
Orthodoxen, die Muslime, die Pfingstkirchen, die Heilsarmee und die
Freikirchen. Aber Ende vergangener Woche gingen sie ohne Beschluss
auseinander – wie schon einmal im Juli 2020.

Beide Male stemmten sich Katholiken und Protestanten, die zwei großen
Religionsgemeinschaften, gegen den Vorschlag der sechs kleinen Gruppen.
Im Juli 2020 war es Ronsard Malonda, bisherige Nummer zwei der CENI
unter Nangaa. Nach dem Nein der beiden großen Kirchen schlugen die
anderen ihn trotzdem vor, erst ein Veto von Präsident Tshisekedi stoppte
ihn. Das war der Beginn des Machtkampfes zwischen Tshi­sekedi und
Kabila, mit dem der neue Präsident sich seitdem von seinem Vorgänger und
Gönner emanzipiert hat.

Dieses Jahr brachten die sechs kleinen Religionsgemeinschaften ein
Schwergewicht ins Rennen: Denis Kadima, Direktor des in Südafrika
basierten EISA (Electoral Institute for Sustainable Democracy in
Africa), eine in ganz Afrika respektierte Organisation zur Vorbereitung
freier Wahlen, und 2011 UN-Leiter des historischen
Unabhängigkeitsreferendums für Südsudan. Eigentlich der ideale
Wahlreformer für Kongo.

Doch in seiner Heimat lehnen Katholiken und Protestanten ihn ab. Kadima
sei 2020 in der Vorauswahl ausgeschieden und komme daher nicht in
Betracht, heißt es offiziell. Aktivisten von Tshisekedis Partei UDPS
(Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) behaupten, die Kirchen
würden Kadima ablehnen, weil er derselben Ethnie angehört wie der
Präsident und mit diesem befreundet sei. Am Wochenende griffen sie die
Residenz des Erzbischofs von Kinshasa sowie Kirchen in Tshisekedis
Heimatprovinz Kasai an.

Die UDPS-Führung hat die Angriffe verurteilt, aber das Klima ist
vergiftet. Früher stritten UDPS und katholische Kirche gemeinsam für
Demokratie im Kongo – heute werfen sie sich gegenseitig das Gegenteil
vor. Seit dem Tod von Kardinal Laurent Monsengwo im Juli fehlt eine
allseits respektierte integrative Figur.

Ein Ausweg ist nicht in Sicht. Vielmehr sind die Wahlen 2023 beschädigt,
bevor ihre Vorbereitung überhaupt begonnen hat. Die Heftigkeit des
Streits über die CENI-Führung macht klar, dass die Kontrolle der
Wahlkommission nach wie vor über den Wahlsieger entscheidet.